September 2022
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Im Rahmen des Moduls "Einführung in die Chemie des Brauwesens" im Master-Studiengang Chemie der TU Clausthal findet aktuell wieder ein studentisches Praktikum in unserer Forschungsbrauerei statt. Dabei sollen neben dem eigentlichen Brauen auch weitere Tätigkeiten erlernt werden, wie sie in Brauereien vorkommen. So haben wir zunächst einmal mit unserer neuen CIP-Anlage (CIP: Cleaning in Place) unseren "Tank Siegfried" gründlich gereinigt und für das nächste Bier vorbereitet.
Gebraut haben wir anschließend mit dem "Braumeister 50" und der BrewTools-Anlage rund 200 Liter Pilsner Bier, wobei wir, von Ausnahmen abgesehen, grundsätzlich das isotherme Maischverfahren bei 72 - 76 °C anwenden. Malz wird also bei recht hoher Temperatur eingemaischt, diesmal bei 76 und 78 °C, und es ist von uns beabsichtigt, dass die beta-Amylase so schnell wie nur möglich denaturiert wird.
Wie wir in einigen Publikationen zeigen konnten verfügen die heutigen Gerstenmalze bis hin zum eigentlich als wenig enzymstark eingeschätzten Münchner Malz über eine mehr als ausreichend aktive alpha-Amylase, die zuverlässig zu jodnormalen Würzen führt. Letztlich überspringen wir nur die sog. Maltose-Rast, denn auch die Großbrauereien führen heute in der Regel keine Eiweißrast mehr durch. Es ist der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Braugerstengemeinschaft in Zusammenarbeit mit Landwirten, Mälzereien und Forschungseinrichtungen zu verdanken, dass die heutigen Gerstenmalze während des Mälzens so gut vorgelöst werden, dass sich die Brauer keine Gedanken mehr um ein umfangreiches Maischprogramm machen müssen.
Lediglich bei Spezialmalzen wie Dinkelmalz, Hafermalz und anderen ist darauf zu achten, dass die Maische enzymstark genug ist. Gerade Dinkelmalz verfügt nach unserer Erfahrung über eine schwache alpha-Amylase, isothermes Maischen > 72 °C mit Dinkelmalz oder Hafermalz alleine ist schwierig. Wir verwenden dieses Maischverfahren, um auf einfache Art den Alkoholgehalt zu reduzieren. So haben die meisten unserer Vollbiere mit Stammwürzen zwischen 11 und 12 °P Alkoholgehalte zwischen 3 und 3,5 Vol-%.Gebraut haben wir mit einer Schüttung (44 kg) bestehend aus Pilsner Malz, Pale Ale Malz und Carapils, abgerundet durch Sauergut, insgesamt haben wir 200 Liter Würze mit 11,8 °P erreicht. Das Maischen selber beenden wir nach 30 Minuten, das Abläutern erfolgt bei 72 °C, und die Restverzuckerung findet zuverlässig während des Abläuterns statt. Je nach Malz und dessen Schrotung dauert der Maische- und Läuterprozess zwischen 60 und maximal 90 Minuten. Gekocht wurde die Würze mit dem Bitterhopfen "Enigma", für das Aroma verwendeten wir im Whirlpool bei rund 80 °C Hallertauer Mittelfrüh. Vergoren wird der Sud mit der Lallemand "Diamond Lager", eine gut sedimentierende und neutral vergärende Pilsner Hefe.
Am 25. September brauten wir mit den beiden genannten Anlagen ein "Amber Dinkel" und ein "Helles", und zwar je 50 Liter. Bei dem ersten Bier haben wir eine Schüttung bestehend zu je 50 % aus Münchner Malz und Dinkelmalz isotherm gemaischt und eine Stammwürze von rund 10,5 °P erzielt; das fertige Bier wäre demnach ein Schankbier. Die milde Bitterhopfung erfolgt mit "Enigma", die Aromahopfung mit Hallertauer Blanc (Wethop). Da die WYeast 3068 (wie Weihenstephan W68 oder TUM W68) nur mäßig sedimentiert, wird dieses Bier ein wenig Reifezeit benötigen, bis die Bittere harmonisch ist.
Desweiteren haben wir ein sog. Helles gebraut, die Schüttung bestand nur aus Pale Ale Malz und Carahell. Dieser Biertyp ist in der Bittere eher mild mit durchaus höherer Stammwürze als ein Pils, auch ein schönes Hopfenaroma ist durchaus typisch. Für die Bittere haben wir "Enigma" verwendet, die Whirlpool-Hopfung erfolgte mit Hallertauer Blanc (Wethop), vergoren wird der Sud mit der Lallemand Diamond Lager. Das Amber Dinkel vergärt und reift in unserem "Tank Ulla", das Helle in "Tank Mathias". -
Aktuell findet bei uns im Rahmen eines physikalisch-chemischen Praktikums eine Gruppenarbeit statt, und dabei bietet es sich durchaus an, das Brauwesen mit den Aspekten der Physikalischen Chemie zu verknüpfen.
Typische Fragen bei einer Bieranalyse lauten: Mit welchen Techniken bestimmt man im fertigen Bier eigentlich Stammwürze und Alkoholgehalt, wie die Bittere, wie die Farbe? Welche Zucker verwertet die Hefe, und gibt es vielleicht Schadkeime im Bier? Zwar sind bei uns immer Biere da, die für solche studentischen Versuche analysiert werden können, aber natürlich soll auch das Brauen selber nicht zu kurz kommen.
Daher haben wir am 03.09. mit tatkräftiger studentischer Unterstützung in unserer Brewtools 150 Anlage 100 Liter Bier gebraut. Dafür wurden 25 kg geschrotetes Pale Ale Malz bei 76 °C eingemaischt und anschließend einer 30-minütigen Rast bei 72 °C unterzogen, kurz vor Ende der Rast erfolgte die Zugabe von Sauergut. In situ erreichte die Maische beachtliche 16,2 °P, nach dem Abläutern und Nachwaschen bei 72 °C wurden 110 Liter mit 14,2 °P erhalten. Für die Hopfung während des Kochens verwendeten wir Northern Brewer in 3 Gaben (60 Minuten, 20 Minuten, 10 Minuten Kochzeit), die Whirlpool-Hopfung erfolgte bei 83 °C mit Hallertauer Blanc Wethop. Die fertige Würze wurde im Gegenstromverfahren abgekühlt und auf 2 Gärgefäße aufgeteilt. Die Gärung erfolgt in beiden Gefäßen drucklos unter einer Gärglocke einmal mit der WYeast "Californian Lager", einmal mit der ImperialYeast "Pub Ale" bei Raumtemperatur, ca. 22 °C. Letztere ist eine obergärige Hefe, die sehr klare Biere erzeugen soll, weil sie schnell und vollständig sedimentiert, empfohlen wird eine sog. Diacetyl-Rast. Bei der Californian Lager handelt es sich genetisch um eine untergärige Hefe, deren Temperaturoptimum bei rund 20 °C liegt, während gewöhnliche untergärige Hefen zwischen 8 und 12 °C am besten vergären. Auch diese Hefe sedimentiert sehr gut und erzeugt in kurzer Zeit klare Biere. Bei der späteren Verkostung im physikalisch-chemischen Seminar werden wir dann beurteilen, inwieweit zwei im Gärverhalten ähnliche Hefen den Biergeschmack verschiedenartig beinflussen.
Bei einer Stammwürze von rund 14 °P rechnen wir mit Alkoholgehalten um 4 Vol-%. Beide Biere sollten Anfang Oktober schon gut trinkbar sein.