August 2024

  • Vom 26.-29. August 2024 fand in der Forschungsbrauerei das diesjährige Praktikum zum Master-Modul „Einführung in die Chemie des Brauwesens“ statt. In diesem Praktikum werden im Kleinmaßstab die wesentlichen Kenntnisse vermittelt, wie sie auch in größeren Brauereien erforderlich sind.
    An den ersten beiden Tagen haben wir in zwei Gruppen sowohl gebraut als auch die beiden großen Tanks mit 250 L Volumen, Tank Siegfried und Tank Volker, im CIP-Verfahren gereinigt, welches im Lebensmittelbereich routinemäßig angewendet wird. Zuvor haben wir aber alle sechs Tanks geleert und die Jungbiere in Druckfässer überführt, wobei die kleinen Tanks zu je rund 50 Liter nach Ablassen des Trubs zum dritten Mal für eine Vergärung mit der untergärigen Lallemand Brewing Diamond genutzt wurden.
    Da alle unsere Tanks bis zur späteren Reinigung mittlerweile permanent verschlossen sind, ist deren mehrfache Nutzung letztlich nur durch die Zahl der Hefeführungen und den sich ansammelnden Trub im Konus limitiert. Da die heute verwendeten untergärigen Hefen Hybride aus einer Saccharomyces Cerevisiae und der Saccharomyces Eubayanus sind, verändern sich deren Hefezellen mit zunehmender Zellteilung, und als Faustregel kann man untergärige Hefen 5x nutzen, bevor sie durch frische Hefe ersetzt werden sollten. Wir haben in Experimenten ab der 6. Führung Geschmacksveränderungen vernommen, daher verwenden wir eine Hefe sicherheitshalber maximal für vier Führungen.

    Die CIP-Reinigung der beiden Tanks wird bei uns folgendermaßen durchgeführt. Der Trubablauf wird mit dem Rücklauf einer Pumpe verbunden, deren Vorlauf über ein Rohr am Tank mit einem Spritzkopf innen im oberen Bereich des Tanks. Wir beginnen damit, den Tank 2-3 x mit Trinkwasser zu spülen, dadurch werden die Rückstände grob entfernt. Danach folgt ein ca. 30-minütiger Spülschritt mit bis zu 50 °C warmer Lauge, danach 2-3 Spülschritte mit Trinkwasser. Ein Spülschritt mit bis zu 50 °C warmer saurer Lösung neutralisiert die Lauge und entfernt basische Ablagerungen. Nach weiteren 2-3 Spülschritten mit Trinkwasser erfolgt zur Pasteurisation ein letzter einstündiger Spülschritt mit 80 °C heißem Wasser, mit welchem evtl. noch vorhandene Hefezellen sicher abgetötet werden.
    Verwendet man in einem Tank stets nur immer eine Hefe wie bspw. die weit verbreitete W 34/70, genügt eine chemische Reinigung. Allerdings haben wir die leidliche Erfahrung machen müssen, dass es in einem nur chemisch gereinigten Tank passieren kann, dass doch irgendwo Hefezellen überlebt haben, und wenn dann mit einer maltosenegativen Hefe ein alkoholfreies Bier gebraut werden soll, wird dies früher oder später durch die vorherige Hefe weiter vergoren. Bei früheren Versuchen mit maltotriosenegativen Hefen hat sich unser Reinigungskonzept bewährt.

    Im diesjährigen Praktikum haben wir folgende Biere gebraut:

    • 2x 50 L Pils
    • 2x 50 L Pale Lager
    • Alkoholfreies Pils (max. 0,5 % vol Alkohol)
    • Alkoholfreies Pale Ale (max. 0,5 % vol Alkohol)

     

    Am 26. August haben wir in unserer BrewTools 150 Pro Pale Ale Malz während 30 Minuten bei 76 °C isotherm gemaischt. Nach dem Kochen mit einem Bitterhopfenextrakt von Yakimachief und Sauergut haben wir 115 Liter mit einer Stammwürze von 11,1 °P erhalten. 50 Liter dieser Würze wurden nach dem Whirlpool in Tank Ulla überführt, wir haben keinen Aromahopfen hinzugefügt, wir wollten bewusst ein einfach gehaltenes Pils brauen. Die verbleibende Würze wurde mit dem Hopfenextrakt Dynaboost von Yakimachief in der Variante Mosaic versetzt, und nach einem neuerlichen Whirlpool wurden 50 Liter in Tank Mathias gefüllt. Beide Würzen werden bei 12 °C mit 1 bar Spundungsdruck vergoren, und am 31. August war die Gärung schon beendet. Ein solches Pale Lager haben wir schon einmal gebraut, und es wurde von unseren Bierfreunden als sehr harmonisch empfunden, manche sagten uns, es sei im Geschmack feiner als ein klassisches Pale Ale. Wir sind gespannt, wie uns dieses Pale Lager diesmal gelungen ist.

    Am 27. August haben wir wieder Pils und Pale Lager gebraut, die Rezepte waren identisch zum Vortag. Allerdings fand das Maischen diesmal in unserem BrewTower 140+ statt, der über ein Rührwerk verfügt, unterstützt durch eine Pumpe für die Zirkulation. Beim isothermen Hochtemperaturmaischverfahren ist ein schnelles und klumpenfreies Einmaischen wichtig, und häufig haben wir beobachtet, dass diejenigen Biere, die mit der Malzrohrtechnik hergestellt wurden, einen im Vergleich etwas höheren Alkoholgehalt aufweisen. Bzgl. der Stammwürze gab es bei gleicher Menge der Zutaten keinen Unterschied, auch hier wurden 11,1 °P erhalten. Gekocht wurde die Würze in der BrewTools 150 Pro. Das Pils wird in Tank Martin vergoren, das Pale Lager in Tank Alex.

    Großbrauereien stellen alkoholfreie Pilsener Biere in einem recht aufwändigen und auch energetisch anspruchsvollen Verfahren her. So wird in der Regel ein in der Stammwürze reduziertes Bier gebraut, welchem anschließend in einer Umkehrosmoseanlage der Alkohol entzogen wird, die aktuelle untere Grenze liegt bei 0,03 % vol Alkohol, wobei der Gesetzgeber alkoholfreie Biere in Deutschland als solche definiert, deren Alkoholgehalt unter 0,5 % vol liegt.
    Die bis auf 0,03 % vol Alkohol entalkoholisierten Biere haben einen wässrigen Charakter, weshalb man diesen Bieren unvergorene Würze zugibt, um eine gewisse Süße zu erreichen, außerhalb von Deutschland wird auch Zucker oder Süßstoff zugegeben. Wir können die Zugabe von Würze mit der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie übrigens leicht analytisch nachweisen. Da bei der Umkehrosmose wiederum auch Aromastoffe verloren gehen, werden die Biere wieder gehopft, und so resultieren gut trinkbare alkoholfreie Biere. Die Technik entwickelt sich weiter, und eine bayerische Brauerei hat ein alkoholfreies Pils auf den Markt gebracht, welches die Messlatte für alkoholfreie Biere noch einmal ein Stück nach oben positioniert.
    Für uns als Forschungsbrauerei, die vollständig von Landes- und Drittmitteln abhängig ist, ist es natürlich illusorisch, Biere zu entalkoholisieren. Wir gehen daher in Kooperation mit den Kollegen an der TU München in Freising-Weihenstephan einen anderen Weg und verwenden für die Vergärung maltosenegative Hefen, für unser Pils die Saccharomycodes Ludwigii, die nur Glucose, Fructose und Saccharose verwerten kann.
    Am 28. August haben wir aus 50% Münchner Malz und 50% Pale Ale Malz in der BrewTools 150 Pro im isothermen Hochtemperaturmaischverfahren eine Würze mit 6,8 °P hergestellt. Gekocht wurde die Würze mit einem Bitterhopfenextrakt von Yakimachief, für das Aroma haben wir einen Aromahopfenextrakt (Perle) von Eisemann verwendet, vergoren wird die Würze in Tank Siegfried. Da maltosenegative Hefen kaum einen pH-Sturz bewirken, haben wir ausreichend Sauergut zugegeben, um im fertigen Bier einen mikrobiologisch sicheren pH-Wert von weniger als 4,5 zu erreichen. Die Vergärung erfolgt gespundet unter Druck, und sollten wir uns nicht doch irgendwo eine Fremdhefe eingefangen haben, wird das Bier nicht mehr als 0,5 % vol Alkohol enthalten.
    Die letzten alkoholfreien Biere haben wir pasteurisiert, diesmal möchten wir die alkoholfreien Biere allerdings unter Druck ausgären lassen und später einer Filtration unterziehen, die alle Hefezellen entfernt. Frühere Vorversuche haben gezeigt, dass unser Kerzenfilter die Hefe vollständig entfernt, zumindest zeigte sich in nicht pasteurisierten Bieren keinerlei Hinweis auf eine Nachvergärung. Alkoholfreie Biere werden bei uns nun häufiger nachgefragt, und in einem Vorversuch ist uns auch ein Bier mit 0,0 % vol Alkohol gelungen.

    Am 29. August haben wir im Grunde genommen den Versuch vom 28. August wiederholt. Da ein alkoholfreies Pale Ale unser Ziel war, haben wir auf eine Aromahopfung mit „Perle“ verzichtet. Stattdessen haben wir für den Whirlpool den Yakimachief Hopfenextrakt Dynaboost in der Variante Mosaic und Citra verwendet. Für die Kalthopfung in Tank Volker haben wir unsere Reste des Produkts Barth Haas Spectrum aufgebraucht (Galaxy und Citra) und das Aroma durch den Yakimachief Hopfenextrakt Hyperboost in der Variante Mosaic betont. Vergoren wird dieses Bier mit der Lallemand Brewing LoNa, die wie auch die Saccharomycodes Ludwigii Glucose, Fructose und Saccharose vergärt. Bei 6,8 °P sollte der Alkoholgehalt unter 0,5 % vol liegen. Aus unserer Sicht ist die LoNa eine sehr gute Hefe, um alkoholfreie Pale Ale Biere herzustellen. Auch dieses Pale Ale wird unter Druck vergoren, und es soll später filtriert werden.
    Gegen Ende September findet der zweite Teil des Praktikums statt, in welchem wir Biere analysieren und unter Gegendruck in Flaschen füllen, gefolgt von einer sensorischen Bewertung.

    Aber welche dieser Biere sind denn nun eigentlich Biere im Sinne des sog. vorläufigen Biergesetzes von 1993? Dazu haben wir auf dieser Website schon berichtet, und es handelt sich hierbei um eine interessante deutsche Kuriosität. Außerhalb von Deutschland wären alle diese Biere auch Biere im rechtlichen Sinne. Im Rahmen unseres vorläufigen Biergesetzes dürfen wir aber nur die beiden Pilsener Biere als „Bier“ bezeichnen. Die Pale Lager, das alkoholfreie Pale Ale und auch das alkoholfreie Pils sind in Anlehnung an eine Empfehlung des Deutschen Brauerbundes als untergärige (Pale Lager) bzw. obergärige Bierspezialitäten, oder auch nur als Bierspezialität, zu bezeichnen. Und was die Spezifikation „Gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot von 1516“ in der Realität bedeutet, wird im Sommersemester in der Vorlesung „Theorie und Praxis der Bierbrauerei“ besprochen.