Oktober 2024

  • Am 23.10.2024 haben wir im Rahmen des nun ausgelaufenen Projektes zur Herstellung glutenfreier Biere auf der Basis von Quinoa das letzte diesbezügliche Bier gebraut. Aufgrund einer Geheimhaltungsvereinbarung können wir an dieser Stelle allerdings auf keine Details eingehen. Im Rahmen des Projektes ist es den Kolleginnen und Kollegen an der TU München gelungen, ein geschmacklich überzeugendes Quinoamalz herzustellen, dessen letzte Entwicklungsstufe in dieses Bier eingeflossen ist.
    Wir haben in der BrewTools 150 Pro, gemaischt wurde also mit der Malzrohrtechnik, 130 L Wasser mit einer Härte von 1 °dH vorgelegt (angemischt aus Umkehrosmosewasser und Leitungswasser) und eine Malzmischung eingemaischt, die danach den beiden typischen Rasten im Hoch-Kurz-Verfahren unterzogen wurde. Nach Abläutern, Zugabe von Sauergut und Kochen mit einem Bitterhopfenextrakt von Yakimachief wurde im Whirlpool als Aromahopfen „Hallertauer Tradition“ zugegeben. Wir haben rund 115 L Würze mit einer Stammwürze von 11,5 °P erreicht, die auf zwei zylinderkonische Gärgefäße aufgeteilt wurde. In einem wird der Sud obergärig mit der LalBrew Nottingham vergoren, in einem anderen untergärig mit der LalBrew Diamond.
    Basierend auf früheren Ergebnissen führen wir die Vergärung bei uns nun gespundet bei einem Druck von rund 1 bar durch. Eine Druckvergärung bietet gewisse Vorteile beim Abbau intermediär entstehender unerwünschter Aromakomponenten, ferner wird das Bier mit natürlicher Kohlensäure angereichert, und wir können auch nicht mehr den Zeitpunkt verpassen, nach der Hauptgärung das Ventil zum Druckaufbau zu schließen. Als Nachteil ergibt sich, dass die Vergärung etwas mehr Zeit benötigt als eine drucklose Vergärung. Beide Biere dürften etwa Ende November so weit sein, dass wir sie filtrieren und abfüllen können, und von einer kleinen Rückstellmenge abgesehen werden beide Biere dem Firmenpartner im Projekt übergeben.

    Mit diesem letzten Sud enden auf unbestimmte Zeit auch unsere Aktivitäten zu Bieren auf der Basis von Quinoa. Mit unvermälzter Quinoa, wie sie leicht kommerziell zu beziehen ist, haben wir sehr wechselnde Erfahrungen machen müssen, und ein wirklich authentisches Bier war nur als Pale Ale machbar. Allerdings ist der Aufwand sehr hoch, sodass wir glutenfreie Biere, die wir künftig für Veranstaltungen als Kleinmenge ebenfalls anbieten möchten, auf einem anderen Wege herstellen werden.
    Im Rahmen des Projektes wurden mehrere begleitende Studien- und Bachelorarbeiten durchgeführt und abgeschlossen, bei denen das Ziel war, Gluten durch Zugabe eines Enzyms abzubauen. Wir konnten auf diese Art mit Gerstenmalz Biere realisieren, deren Glutengehalt deutlich unter 10 mg/kg liegt. Ein Lebensmittel, welches einen Glutengehalt von weniger als 20 mg/kg aufweist, darf nach einer EU-Richtlinie als „glutenfrei“ bezeichnet werden. Mit der ELISA-Technik, die bei uns im Labor vorhanden ist, können wir den Glutengehalt während Gärung und Reifung verfolgen, und der Abbau ist von einigen Parametern abhängig. Die Sedimentationsfähigkeit der Hefe spielt eine Rolle, die Gärtemperatur, aber auch der Hopfen ist nicht ganz ohne Einfluss.
    Es kann bis zu 6 Wochen dauern, bis Gluten so weit abgebaut ist, dass an Zöliakie leidende Menschen im Regelfall kein Problem mehr mit einem solchen Bier haben und wir sicher Werte unterhalb von 10 mg/kg erreichen. Und selbst dann besteht noch immer das Risiko, dass hochempfindliche Menschen auch auf Spuren von Gluten in einem solchen Bier reagieren. Quinoa enthält a priori kein Gluten, ist daher für absolut glutenfreie Biere sicher die bessere Wahl.
    In den Studien- und Bachelorarbeiten haben wir aber umfangreiche Kenntnisse gewonnen, um auch mit Gerstenmalz faktisch glutenfreie Biere herzustellen. Leider aber ergeben sich auch Nachteile. Da das glutenabbauende Enzym Glukoamylasen enthält, werden diese Biere bei üblicher Stammwürze eher einen Alkoholgehalt im Bereich von 5 % vol aufweisen. Bisher ist uns noch nicht gelungen, Biere bei üblicher Stammwürze mit einem Alkoholgehalt von 2 - 2,5 % vol herzustellen. Hierzu gibt es zwar Ansätze, die jedoch im Detail untersucht werden müssen. Dazu kommt, dass wir diese Biere nach dem sog. vorläufigen Biergesetz von 1993, welches im eigentlichen Sinne das sog. Reinheitsgebot darstellt, nicht als „Bier“ bezeichnen dürfen. Der Deutsche Brauerbund verwendet für Biere, die streng genommen nicht nach dem „Reinheitsgebot“ gebraut werden, die Bezeichnung „Bierspezialität“, Craft-Biere aus kommerziellen Kleinbrauereien werden auch schon mal als „Brauereierzeugnis“ bezeichnet. Erwähnt sei, dass außerhalb von Deutschland solche Biere auch als Bier bezeichnet werden.

    Wir beenden diesen Beitrag daher mit folgender Quizfrage: „Es sieht aus wie ein Bier, riecht wie ein Bier, schmeckt wie ein Bier, ist aber kein Bier. Um was handelt es sich?“