April 2024
-
Am 30. April haben wir rund 200 Liter "Amber Lager" gebraut, ein untergäriges Bier, welches sich durch eine milde Bittere und dezente Malzaromen auszeichnet. Die Schüttung bestand daher zu 50% aus Pale Ale Malz und zu 50% aus Münchner Malz, gemaischt wurde in unserem BrewTower 140+ bei 76 °C während 30 Minuten bzw. 60 Minuten für den zweiten Brauvorgang.
In der serienmäßigen Ausführung des BrewTowers besteht das Rührwerk aus zwei Rührpaddeln, die Zirkulation vom beheizten Bereich unterhalb des Läuterbodens in den Bereich, in dem gemaischt wird, wird mit einer externen Pumpe realisiert. Wir haben in der Vergangenheit beobachtet, dass die Zirkulation für das Einmaischen oberhalb der Verkleisterungstemperatur, wie es beim isothermen Hochtemperaturmaischen der Fall ist, merklich zu gering war und sich viele Klumpen bildeten, die nur sehr langsam zerfielen. Mit einem manuellen Paddel in ein Rührwerk zu greifen, um eben diese Klumpen zu zerkleinern, ist nicht wirklich zu empfehlen.
Um dieses Problem zu beheben, haben wir das Rührwerk daher mit zwei weiteren Rührpaddeln aufgerüstet, ferner haben wir die Zirkulationspumpe durch eine mit einer wesentlich höheren Fördermenge ersetzt. Diese beiden sehr einfach umzusetzenden Maßnahmen haben dazu geführt, dass sich beim Einmaischen bildende Klumpen nach wenigen Minuten vollständig zerfallen sind und die Verzuckerung so problemlos verlaufen kann.
Nach Ende des Maischens wurde die Würze über den Läuterboden direkt in unsere BrewTools 150 Pro geläutert, in der die Würze mit Sauergut und Hallertauer Magnum während 60 Minuten gekocht wurde. Da es sich um ein Vorderwürzebier handelt, wurden beim Abläutern keine Nachgüsse aufgebracht. Während dieser Kochzeit wurde im BrewTower ein zweites Mal gemaischt, und die längere Zeit für das Maischen resultierte alleine daraus, dass die BrewTools mit dem ersten Sud eben belegt war.
Die Aromahopfung erfolgte im Whirlpool mit Hallertauer Mittelfrüh und mit dem slowenischen Styrian Golding. Während aus dem Mittelfrüh eher klassische Hopfenaromen resultieren, erzeugt der Styrian Golding im Bier auch Aromen von Zitrone und Pinie. Beide Sude werden in unserem Tank Siegfried zusammen drucklos mit der Lallemand Brewing "Diamond" vergoren. Diese Bruchhefe wird für viele untergärige Biere empfohlen, und wir haben mit ihr für die Herstellung von Pilsener Bieren oder von Bockbieren beste Erfahrungen. Mit dieser Hefe vergorene Biere klären sich gut, und die Hefe scheint Trubstoffe aus Malz und Hopfen sehr gut mit auszufällen. Daraus ergibt sich dann auch, dass die ausgereiften Biere vergleichsweise einfach über einen Kerzenfilter filtriert werden können, während die Kerze sich bei Staubhefen eher schnell zusetzt und diese häufiger gegengespült werden muss, mit unvermeidbaren Verlusten.
Die Gärtemperatur haben wir auf 12 °C eingestellt, und wir rechnen damit, dass die Gärung nach spätestens einer Woche abgeschlossen ist. Erfahrungsgemäß dauert es mit dieser direkt auf die Würze aufgestreuten Trockenhefe gut zwei Tage, bis eine Gäraktivität festgestellt werden kann. Wir erwarten bei einer Stammwürze von rund 11,5 °P einen Alkoholgehalt von nicht mehr als 2,5 % vol. In ca. 6 Wochen sollte das Bier nach einer Filtration gut trinkbar sein. In einem künftigen Beitrag werden wir über unsere Erfahrungen mit dem Filtrieren von Bieren berichten. Kerzenfilter mit kleinsten Porengrößen von 450 nm sind für Kleinbrauereien ohne zu großen finanziellen oder technischen Aufwand umsetzbar, und mit einer Filtration werden die Biere in der Herstellung reproduzierbarer. Allerdings mussten wir eine gewisse Lernkurve durchlaufen, insbesondere die Lagerung einer solchen Filterkerze betreffend. -
Der Tag des deutschen Bieres
Am 23. April 1516 wurde in Ingolstadt eines der ältesten Gesetze zur Qualität von Lebensmitteln erlassen, welches heute unter dem Begriff "Reinheitsgebot" firmiert. Letztlich verordneten die Fürsten, dass zum Brauen von Bier künftig nur noch Gerste, Hopfen und Wasser verwendet werden sollen. Die Hefe, die den Charakter eines Bieres sehr stark prägt, war damals als solche noch nicht bekannt, man wusste schlicht und ergreifend nicht, was dieses "Zeugs" war, ohne welches weder das Brot aufgeht noch das Bier gärt. Da Weizen eine bzgl. der Bodenqualität im Vergleich zur Gerste anspruchsvolle Pflanze ist und wegen der damaligen Kleinen Eiszeit die Ernten und die Böden eher schlecht waren, wurden der Weizen für das Brot und die Gerste für das Bier verwendet. Sicher kam auch damals Malz beim Brauen zum Einsatz, da Gerste alleine viel zu enzymschwach ist, allerdings waren die Prozesse beim Mälzen unbekannt, und von Enzymen wusste man sicher auch noch nichts.Wir haben am 23.04.2024 für eine kommende Veranstaltung an der TU Clausthal ein alkoholfreies Bier mit maximal 0,5 % vol Alkohol gebraut, und zwar mit unserem isothermen Hochtemperaturmaischverfahren. Eine 50/50 Mischung aus Pale Ale Malz und Münchner Malz wurde in unserer 50/70 Liter Maischepfanne mit Rührwerk bei 82 °C eingemaischt, und das Einmaischen benötigte nicht mehr als eine Minute. In dieser Zeit fiel die Temperatur auf 78 °C, und diese Temperatur wurde für 60 Minuten konstant gehalten. Bereits nach rund 30 Minuten war die Maische visuell jodnormal mit einem in situ Extrakt von rund 12 °P, der nach weiteren 30 Minuten nur noch geringfügig auf 12,4 °P anstieg. Es ist also keineswegs so, dass die alpha-Amylase bei 78 °C schnell denaturiert wird, im Gegenteil, das Malz wird problemlos verzuckert, und der in situ Extraktaufbau entspricht dem des industriellen Hoch-Kurz-Maischverfahrens mit gleicher Zeitdauer, jedoch mit anderer Zuckerverteilung.
Nach dem Abläutern wurde diese Würze mit Wasser verdünnt und auf eine Stammwürze von rund 7 °P eingestellt. Diese Stammwürze ist die obere Grenze, damit maltosenegative Hefen nicht mehr als 0,5 % vol Alkohol produzieren. Gekocht wurde die Würze in der Gegenwart von Sauergut und Hallertauer Magnum, Rottenburger Aromahopfen wurde im Whirlpool zugegeben. Bei der Vergärung mit maltosenegativen Hefen ist die Zugabe von Sauergut obligatorisch, da andernfalls kein ausreichender pH-Sturz erfolgt, der zum einen für die Ausfällung von unerwünschten Hopfenbestandteilen notwendig ist und zum anderen mit einem pH-Wert von 4,5 und darunter eine mikrobiologische Sicherheit garantiert. Lässt man eine ausreichende Menge an Sauergut weg, erhält man ein ungenießbar bitteres Bier, und die Frage nach der mikrobiologischen Stabilität stellt sich dann gar nicht erst.
Nach dem Kochen wurde die Stammwürze wieder auf 7 °P angepasst, die Vergärung erfolgte nach Abkühlen in einem zuvor sorgfältig pasteurisierten Behälter aus lebensmittelechtem und rostfreiem Stahl mit der Saccharomycodes Ludwigii, die vereinfacht auch "Ludwigshefe" genannt wird. Diese Hefe vergärt Fructose, Glucose und Saccharose, nicht jedoch Maltose und höhere Homologe.
Am 29. April war das Bier endvergoren mit dem erwarteten Alkoholgehalt von 0,5 % vol, mit welchem das Bier per Gesetz als "alkoholfrei" bezeichnet werden darf. Zwar enthält dieses Bier sehr kleine Mengen an Alkohol, jedoch sind diese, sofern keine Alkoholallergie oder ein Mangel an Alkoholdehydrogenase vorliegen, physiologisch unbedenklich, da ein gesunder erwachsener Mensch zwischen 0,085 und 0,1 g Alkohol pro Stunde und Kilogramm Körpergewicht abbauen kann. Ein Liter eines solchen Bieres enthält rund 4 g Alkohol, und man muss davon schon 2 Liter pro Stunde trinken, damit die Alkoholaufnahme über der Rate des physiologischen Abbaus liegt. Die Machbarkeit eines solchen Vorhabens möge jede/r individuell im Selbstversuch erproben. Da auch Fruchtsäfte Alkohol enthalten können (bis zu 0,5 % vol bei Apfelsaft, sogar bis zu 1 % vol bei Traubensaft), hat der Gesetzgeber eben diese Grenze festgelegt.
Beim Brauen mit maltosenegativen Hefen ist penibel darauf zu achten, dass keine anderen Hefen in die Würze gelangen. Im Prinzip würde eine einzige Zelle einer normalen Bierhefe in der Würze genügen, damit die Gärung weiterläuft, zunächst unmerklich langsam, dann aber immer schneller. Um diese nun zu verhindern, muss ein solches Bier entweder sterilfiltriert oder pasteurisiert werden. Wir haben uns entschieden, das drucklos endvergorene Bier in geschlossenen 20 L Fässern bei rund 63 °C schonend zu pasteurisieren und es nach Abkühlung einer Zwangskarbonisation zu unterziehen. Im letzten Schritt wird es dann über einen Kerzenfilter mit 450 nm Porenweite filtriert, welcher so faktisch alle Hefezellen, so sich an irgendeiner Stelle welche einschleichen sollten, entfernen wird.
Im vergangenen Herbst/Winter haben wir auf diese Weise mit einer anderen maltosenegativen Hefe ein alkoholfreies Bier hergestellt, und es gab in den Fässern oder in den Flaschen keinerlei ungeplanten Druckaufbau. Die letzten noch vorhandenen Flaschen sind bis heute unauffällig. Dies setzt allerdings voraus, dass auch beim Ab- oder Umfüllen penibel auf Sauberkeit geachtet wird. Wir sterilisieren zu diesem Zweck alle Schläuche, die manuelle Gegendruckabfüllanlage sowie alle Zapfköpfe ausgiebig mit Nassdampf, auch werden die Flaschen, ganz ähnlich wie in einer großen Brauerei, unmittelbar aus der Reinigung kommend mit Bier befüllt. Bisher hat sich diese Vorgehensweise bewährt, und lediglich im Falle einer Flasche eines solchen alkoholfreien Bieres als Gastgeschenk würden wir sicherheitshalber zusätzlich eine Flaschenpasteurisation durchführen - you never know!Wir haben aus dem Jungbier Erntehefe entnommen und lagern diese im geschlossenen Gefäß bei 2 °C in einer Kühlkammer. In den nächsten Wochen wollen wir mit dieser Erntehefe ein weiteres "Ludwigsbier" brauen. Wir möchten auch herausfinden, ob der Alkoholgehalt wieder bei 0,5 % vol stoppt, oder ob sich in der Erntehefe evtl. doch maltotriosepositive Hefen aus der Brauereiluft befinden. Ferner soll in künftigen Versuchen die Pasteurisation optimiert werden. Für weitere Versuche zur Herstellung akoholfreier Biere werden wir die Cyberlindnera Misumaiensis sowie eine Saccharomyces Jurei verwenden, die dankenswerterweise die Kolleginnen und Kollegen des Zentrums für Brau- und Lebensmittelqualität (BLQ) der TU München in Freising-Weihenstephan zur Verfügung stellen. Erstere vergärt nur Glucose und Fructose und führt fast zum Geschmack eines Pilsner Bieres, zweitere produziert die typischen Aromen, die man von einem Weissbier kennt. Die Jurei-Hefen sind zwar maltosenegativ, jedoch beginnen sie nach einer Weile doch, Maltose und höhere zu vergären, weshalb eine Sterilfiltration und/oder eine Pasteurisation obligatorisch sind.